Echte Wiener haben im Übrigen niemals nur ein Stamm-Kaffeehaus, sondern für jede Gelegenheit ein anderes. Die Auswahl ist ja schließlich groß. Eins, wo man ungestört ist, eins fürs erste Rendezvous, eins für den politischen Diskurs und eins für den Heißhunger auf zuckersüße Torten. Was übrigens in einem Kaffeehaus auch nicht fehlen darf, ist der in schwarzem Smoking, weißem Hemd und schwarzer Fliege gekleidete Kellner. Seine Befindlichkeit ist grantig. Das gehört ebenso dazu, wie eine Auswahl internationaler Zeitungen.
Das Interieur variiert von klassisch über plüschig bis modern. Überall findet man aber die kleinen Marmortischchen auf Parkett. Übergroße Spiegel an den Wänden reflektieren sanft gedämmtes Licht. Und auch der Thonet-Stuhl aus Bugholz ist ein Stammgast. Im Jahr 1859 von Michael Thonet erfunden, gilt er bis heute als der Kaffeehausstuhl schlechthin. Und ist darüber hinaus auch in privaten Küchen, Ess- und Wohnzimmern gern gesehen, weil er, egal wo er nun steht, das besondere Ambiente transportiert. Genauso einzigartig wie der Ort, an dem echte Wiener niemals nur einen schlichten Kaffee bestellen würden.
Kaffeehäuser mit ihrem sagenumwobenen Charme
Die Wiege der Kaffeehauskultur
Artikel merkenSie gehören zu Wien wie der Prater, das Burgtheater oder der Stephansdom. Die Kaffeehäuser mit ihrem sagenumwobenen Charme. Kein Wiener würde hier jemals nur einen schlichten Kaffee bestellen. Man ordert einen Kapuziner, Franziskaner oder einen gespritzten Mokka.
Weitere goldene Regel: kein Kaffee ohne Mehlspeise. Die bekannteste Attraktion in der gläsernen Vitrine ist die Königin der scho-koladigen Süßspeisen: die Sachertorte. Weit über die Grenzen Österreichs bekannt, doch nirgendwo schmeckt sie so wie hier. Das älteste noch heute existierende Kaffeehaus Wiens öffnete 1824 seine Türen. Auch musikalisch. Hier gab Wolfgang Amade-us Mozart seine Kompositionen zum Besten, auch Ludwig van Beethoven erprobte seine Tafelmusik. Und nicht nur das: Diverse Literaten ließen sich vom allgemeinen Kaffeehaus-Ambiente inspirieren. Arthur Schnitzler oder Egon Erwin Kisch zum Beispiel. Auch der ein oder andere Maler, wie Gustav Klimt oder Egon Schiele war stets bereit, sich von der Muse küssen zu lassen. Hier kann man arbeiten, ohne Einsamkeit zu verspüren. Für viele war und ist es noch heute eine Art zweites Wohn- oder Arbeitszimmer. Bestenfalls sogar beides.
Kleine Wiener Kaffee-Kunde
Kaum ein anderes Land in Europa hat so eine Vielfalt an Kaffeespezialitäten wie Österreich.
Die Basis ist immer der Mokka, außerdem gibt‘s traditionell ein Glas Wasser dazu.
Welches Kaffeehaus hätten's denn gern? Wir verraten dir unsere Top 5!
Bei Kaffee und Torte trafen sich hier Mitte des 19. Jahr-hunderts Leo Trotzki, Sigmund Freud und Stefan Zweig. Das Café Central (Ecke Herrengasse/Strauchgasse) ist bis heute der Inbegriff des Wiener Kaffeehauses. Mit hohen Decken, edlen Marmortischen, hohen Säulen und großen Lampen in altem Gemäuer.
Ein bisschen anders in der Anmutung, aber mindestens genauso berühmt ist das Café Museum in der Opern-gasse 7, in dem Gustav Klimt, Karl Kraus und Ernst Jandl sich die Klinke in die Hand gaben. 1899 eröffnet, versteht es sich bis heute als ein modernes Gesamt-kunstwerk für alle Sinne.
Jugendstil-Atmosphäre findet man im Café Goldegg in der Argentinierstraße 49. Hier fallen die Wandver-täfelungen mit Ebenholz-Intarsien in Kombination mit grünen Plüsch-Sitznischen ins Auge. Kein Wunder, dass dieses Ambiente zu regelmäßigen Filmaufnahmen einlädt.
Genauso wie im traditionsreichen Café Sperl (Gumpen-dorfer Straße 11), das schon mehrfach ausgezeichnet wurde. Unter anderem als Kaffeehaus des Jahres. Hier kann man nicht nur hervorragend essen, sondern auch Billard spielen.
Zu guter Letzt darf das Café Westend (Mariahilfer Straße 128) nicht fehlen. Im Jahr 1895 eröffnet, wurde das sehr hübsche Café erst neulich sanft renoviert. Das alte Flair mit Stuck und Lüstern liebevoll erhalten.